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Berechnung Betriebsrente und steuerliches Näherungsverfahren
Berechnet der Arbeitgeber beim vorzeitigen Ausscheiden des Versorgungsberechtigten die Höhe einer auf ein betriebliches Ruhegeld anzurechnenden gesetzlichen Altersrente aufgrund fehlender Kenntnis von den tatsächlich erworbenen Entgeltpunkten unter Anwendung des steuerlichen Näherungsverfahrens und teilt er dem Arbeitnehmer auf dieser Grundlage die Höhe der unverfallbaren Anwartschaft mit, kann er regelmäßig gleichwohl im späteren Versorgungsfall die Berechnung der gesetzlichen Rente individuell auf Grundlage der tatsächlich nachgewiesenen sozialversicherungsrechtlichen Entgeltpunkte vornehmen und die zeitlich frühere Unverfallbarkeitsberechnung korrigieren.
Die Entscheidung führt zu einer Klarstellung der bislang in der Instanzenrechtsprechung unterschiedlichen Handhabung der Regelung des § 2a Abs. 3 Satz 2 BetrAVG. Nachdem das LArbG Schleswig-Holstein im Urteil vom 29.06.2021 (Az.: 1 Sa 22/21) entschieden hatte, dass der Arbeitgeber mit der Heranziehung des Näherungsverfahrens als Methode zur Ermittlung der Höhe der anzurechnenden Sozialversicherungsrente im Rahmen der Unverfallbarkeitsmitteilung die Möglichkeit eingebüßt hat, bei der später maßgeblichen Berechnung bei Renteneintritt die Anrechnung der gesetzlichen Rente aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse gemäß dem Bescheid des Sozialversicherungsträgers vorzunehmen, bestätigt das BAG die gegenteilige Auffassung des LArbG Köln, das im Urteil vom 02.02.2024 (Az.: 10 Sa 451/23) eine Änderung des Berechnungsverfahrens anhand der erst bei Rentenbeginn vorgelegten konkreten Entgeltpunkteausdrücklich als gesetzeskonform zugelassen hat.
Unverfallbarkeitsmitteilungen, die den Arbeitnehmer über die Höhe seiner unverfallbaren Versorgungsanwartschaft informieren, kommen als bloße Wissenserklärung keine konstitutive, verbindliche Wirkung zu. Daher ist auch die Wahl des Näherungsverfahrens zur Ermittlung der unverfallbaren Anwartschaft nicht als verbindlich anzusehen und steht unter dem Vorbehalt, die später nachgewiesenen tatsächlichen Entgeltpunkte bei Ausscheiden zur Hochrechnung einer gesetzlichen Rente im Rentenfall heranzuziehen. Dies hat zur Konsequenz, dass der Arbeitgeber bei Rentenbeginn gezwungen ist, eine auf Basis des Näherungsverfahrens ermittelte unverfallbare Anwartschaft anhand der konkreten sozialversicherungsrechtlichen Daten neu zu berechnen, jedenfalls dann, wenn - wie in der Praxis häufig üblich - die Versorgungsordnung die Zahlung der Betriebsrente von der Vorlage des Rentenbescheids der gesetzlichen Rentenversicherung abhängig macht. Dies führt zwar zu einem entsprechenden zusätzlichen Verwaltungsaufwand, kann sich aber - wie vorliegend - durchaus auch positiv für den Arbeitgeber auswirken.
BAG Urteil v. 11.03.2025 - 3 AZR 136/24
Eingeschränkter gesetzlicher Insolvenzschutz bei Übernahmen von Versorgungszusagen
Zu den Zusagen iSd. § 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG, die den Pensions-Sicherungs-Verein in den zwei Jahren vor dem Sicherungsfall nicht zur umfassenden Sicherung verpflichten, zählen auch vertragliche Arbeitgeberwechsel mit Übernahme der Altersversor-gungszusage durch den neuen Arbeitgeber iSd. § 4 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG.
Nach § 7 Abs. 5 S. 3 Nr. 2 BetrAVG besteht ein Anspruch auf Leistungen gegen den Träger der Insolvenzsicherung bei Zusagen und Verbesserungen von Zusagen, die in den beiden letzten Jahren vor dem Eintritt des Sicherungsfalls erfolgt sind, für im Rahmen von Übertragungen gegebene Zusagen nur, soweit der Übertragungswert die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigt.
§ 7 Abs. 5 S. 3 BetrAVG enthält eine unwiderlegbare Vermutung und damit einen zeitlich begrenzten objektiven Ausschlusstatbestand. Zusagen und Verbesserungen von Zusagen iSd. Norm sind alle Änderungen, die den Begünstigten im Vergleich zu der bis dahin geltenden Zusage mit Wirkung für den Insolvenzschutz besserstellen.
Das Urteil stellt unmissverständlich klar, dass jede Übertragung einer Versorgungszusage - auch ein solche innerhalb eines Konzerns - zu einem Schuldnerwechsel und damit rechtlich zur Erteilung einer neuen Zusage i.S.v. § 7 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 BetrAVG führt. Damit wird die Bedeutung der Zweijahresfrist nach § 7 Abs. 5 Satz 3 HS. 1 BetrAVG für einen vertraglich vereinbarten Schuldnerwechsel manifestiert. Wurde in diesem Zweijahreszeitraum ein vertraglicher Schuldnerwechsel vollzogen, bleibt dem Mitarbeiter nur ein in der Höhe gegenüber der sonst geltenden Höchstgrenze nach § 7 Abs. 3 BetrAVG verringerter gesetzlicher Insolvenzschutz.
Für die Praxis bedeutet dies, dass im Rahmen einer jeder Übertragung einer Versorgungsanwartschaft deren Wert zu prüfen ist. Sollte dieser über der jeweils geltenden BBG liegen, so besteht in den ersten beiden Jahren nach dem Schuldnerwechsel für den Mitarbeiter ein entsprechendes Insolvenzrisiko, dessen sich die Parteien des Schuldnerwechsels, insbesondere aber der hievon betroffene Mitarbeiter bewusst sein müssen. Um dieses Insolvenzrisiko auszuschließen, bietet sich eine vertragliche Insolvenzsicherung durch die Verpfändung von Sicherungsmitteln (z.B. einer Rückdeckungsversicherung) oder aber eine Treuhandlösung über ein Contractual Trust Agreement (CTA) an.
BAG Urteil v. 06.05.2025 - 3 AZR 130/24